Volkach/Würzburg (POW) Die Gemeinschaft der Augustinusschwestern übergibt zum 1. Januar 2011 die Vogelsburg an der Mainschleife bei Volkach an die Stiftung Juliusspital Würzburg. Das gaben die Priorin der Augustinusschwestern, Schwester Hedwig Mayer, und der Oberpflegamtsdirektor des Würzburger Juliusspitals, Walter Herberth, am Freitag, 6. August, bei einer Pressekonferenz auf der Vogelsburg im Landkreis Kitzingen bekannt. „Unser Anliegen ist es, die Vogelsburg als erkennbare Einheit – als Ort der Spiritualität, der Begegnung und des ökologischen Weinbaus – zu erhalten“, sagte Mayer. Die Klosteranlage mit Kirche, Konventbau, Gaststätte, Garten und Weinbergen umfasst insgesamt rund fünf Hektar. Einen Kaufpreis gaben die beiden Vertragspartner nicht an.
Als Gründe für den Verkauf nannte die Priorin die Altersstruktur der Frauengemeinschaft auf der Vogelsburg, deren Durchschnitt bei 73,2 Jahren liege, und den fehlenden Nachwuchs. Von den fünf Augustinusschwestern auf der Vogelsburg seien zwei 67 Jahre alt, die anderen 68, 80 und 84 Jahre. „Als ich vor 37 Jahren auf die Vogelsburg kam, waren wir zwölf Schwestern“, berichtete die Priorin, deren Hauptaugenmerk dem ökologischen Weinbau gilt. Seit 2007 hätten die Schwestern überlegt, wie es mit der Vogelsburg weitergehen könne. Nachdem alle angefragten Ordensgemeinschaften eine Übernahme abgelehnt hätten, sei man Ende 2009 auf die Leitung der Stiftung Juliusspital zugegangen und habe nach der Bereitschaft zur Übernahme gefragt. Am 2. August 2010 stimmte schließlich der Schwesternrat der Augustinusschwestern dem gemeinsam erarbeiteten Überlassungsvertrag zu. Das Oberpflegamt des Juliusspitals unter Vorsitz von Oberpflegamtsdirektor Herberth stimmte dem Vertrag am 4. August zu. Die notarielle Beurkundung des Übergabevertrags erfolgte am 5. August.
Das Juliusspital wird nach Angaben des Oberpflegamtsdirektors den von den Augustinusschwestern geprägten Geist an diesem historisch, kulturell und landschaftlich besonderen Ort bewahren. „Die Stiftung Juliusspital wird die Vogelsburg als erkennbare Einheit, als Ort der Spiritualität und der Begegnung erhalten, insbesondere auch durch Erhaltung der Gebäude und Fortführung einer lebendigen Liturgie in der Kirche Mariä Schutz.“ Zusätzlich habe sich das Juliusspital verpflichtet, den auf der Vogelsburg lebenden fünf Augustinusschwestern ein Wohnrecht auf Lebenszeit im Konventbau einzuräumen und sie bei Pflegebedürftigkeit zu versorgen. Für die langfristige Nutzung der Vogelsburg werde in nächster Zeit ein Konzept erarbeitet und die Anlage saniert. „Die Weinberge der Lage Vogelsburger Pforte mit einer Fläche von zwei Hektar werden wir ökologisch in Eigenregie bewirtschaften“, unterstrich Herberth. Bestehende Arbeitsverträge der über 15 Mitarbeiter würden fortgesetzt.
Für die Augustinusschwestern ist die Übergabe mit Abschied und Trauer verbunden. „Ich konnte mir 2007 innerlich noch nicht vorstellen, dass wir die Vogelsburg abgeben“, sagte Priorin Mayer. Auch künftig wolle sie gerne im Weinberg mithelfen. Die Schwestern sollten sich weiter auf der Vogelsburg wohlfühlen, unterstrich Oberpflegamtsdirektor Herberth. „Die Gottesdienste sollen unverändert stattfinden und spirituelle Angebote mit den Schwestern ermöglicht werden.“ Die Trauben würden bereits in diesem Herbst vom Juliusspital eingebracht und der Wein ausgebaut.
Seit 1957 bewirtschaften die Augustinusschwestern die Vogelsburg an der Volkacher Mainschleife, seit 1964 sind sie Eigentümerin der Anlage. 1966 wurde das historische Klostergebäude auf der Vogelsburg zum Tagungshaus umgestaltet. Die zum Gebäudekomplex gehörende Gaststätte ist ein beliebtes Ausflugsziel. Das ökologisch wirtschaftende Weingut ist über die Grenzen Unterfrankens bekannt. Gegründet wurde die Gemeinschaft der Augustinusschwestern am 8. Dezember 1940 vom Augustinerpater Dr. Hermenegild Biedermann in Würzburg. Als christliche Gemeinschaft sollte sie einen bewussten Gegenpol zur politischen Vermassung im Dritten Reich bilden. Die Frauen wollen als aktive Christinnen nach den Weisungen des heiligen Augustinus leben. Neben dem Inneren Kreis, der sich durch Gelübde zum Leben in Gütergemeinschaft, Verfügbarkeit und Ehelosigkeit verpflichtet, gibt es noch den Äußeren Kreis. Diesem gehören Frauen an, die versprechen, den Geist der Gemeinschaft in ihrem Leben zu verwirklichen. Unter ihnen sind auch verheiratete Frauen mit Familie und Alleinstehende aus verschiedenen Berufen. Kirchenrechtlich sind die Augustinusschwestern seit 1959 eine eigenständige Drittordensgemeinschaft, das heißt eine Gemeinschaft von Laien, die in der Welt leben. Äußerliches Kennzeichen aller Schwestern ist das kleine Gemmenkreuz als Zeichen des Glaubens. Im Bistum Würzburg haben die Augustinusschwestern neben der Vogelsburg ihr Zentrum am Würzburger Heuchelhof: Das Augustinianum, der historische Zwickerleinshof, ist seit 1998 Mutterhaus der Gemeinschaft.
Die Vogelsburg ist seit Jahrhunderten ein Ort der Spiritualität. Erstmals wurde sie im Jahr 874 urkundlich erwähnt. Zu dieser Zeit war sie ein Königsgut der Karolinger und diente als Fliehburg. In einer Schenkungsurkunde der Karolinger an die Benediktiner in Fulda wurden die Reben im Jahr 906 erstmals erwähnt. Um 1100 gelangte sie in den Besitz der Grafen von Castell. 1282 übergab Graf Hermann II. die Burg den Würzburger Karmeliten zur Gründung eines Klosters. Im Bauernkrieg 1525 wurde das Kloster zerstört, von der Kirche blieb nur der spätgotische Chorraum erhalten. Die Mönche siedelten nach Würzburg um und verwalteten von dort das Gebäude.1803 wurde die Vogelburg in private Hände verkauft. 1895 erwarb sie der Würzburger Josef Walter, um eine Ausflugsgaststätte zu errichten. Seine Tochter Philippine unterstützte ihn bei der Errichtung eines zusätzlichen geistlichen und religiösen Zentrums. Sie übertrug die Vogelsburg am 1 Januar 1957 in diesem Sinne an die Gemeinschaft der Augustinusschwestern.
bs (POW)
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